Autor: Michael Fiukowski 🔘 Lesezeit: ~5 Minuten
Sandsturm und Wassereimer
Die Nacht über schlafen wir sehr unruhig und wachen des Öfteren auf. Unser Zelt ist im offenem Gelände den starken Windböen schutzlos ausgeliefert. Der Wind weht extrem viel Sand & Dreck in das Zelt, weil es nicht bis zum Boden hin verschlossen werden kann. Wir essen das erste Mal unser zusammengestelltes Müsli und stellen zähneknirschend fest, dass es nicht so unser Ding ist. Zu viele Haferflocken, zu wenig Schokolade.
Sonne & Wolken wechseln im Minutentakt. Auf beiden Seiten erheben sich sanft die Berge aus der breiten Ebene und wir merken, dass wir dem Fjäll immer näher rücken. Waren wir gestern von Birkenwäldern umringt, sehen wir kaum noch einen Baum auf der Strecke. Man kommt sich tatsächlich verlassen vor, wären da nicht unsere Weggefährten aus Belgien und Finnland, die wir immer wieder auf der Strecke antreffen.
Als wir die erste Anhöhe überqueren, sehen wir dunkle Wolken am Horizont rasant auf uns zukommen. Noch bevor die Wolken über unsere Köpfe schweben, berühren uns die ersten dicken Tropfen. Der Wassersturz lässt nicht lange auf sich warten und es regnet wie aus Eimern. Der Wind von vorne macht es nicht besser, da er das Wasser durch die Hosen drückt. Sarahs Hose ist nach wenigen Sekunden durchgeweicht und man kann sich hier nirgends unterstellen. Der Pfad ist mit unwegsamen Steinen und Felsen durchsetzt, die durch den starken Regen extrem rutschig geworden sind. Es fällt schwer die Augen auf die Landschaft zu richten, weil man sich bei den Witterungsverhältnissen auf jeden Schritt konzentriert.
" Sarah hängt etwas zurück, schaut auf den Boden und nicht mehr zu mir. Ich bleibe kurz stehen, um mich umzuschauen und alles, soweit es mir möglich erscheint, zu realisieren. Ich finde es so geil, wenn der Wind mir den Regen ins Gesicht peitscht oder kurz den Atem nimmt. Die teils raue Natur treibt mich an weiter zu gehen, schneller als je zuvor. Gleichzeitig halte ich immer wieder an, damit Sarah mich wieder einholt. "
" Was läuft der denn schon wieder so schnell? Ich dachte wir wandern hier zusammen und er läuft so, als wenn ich gar nicht dabei wäre: Echt Klasse! Der Regen kotzt mich mega an! Die Hose ist auch durch. Ich könnte schon wieder nach Hause fliegen. 'Schatz? Wie weit ist es noch? Schatz?!' Jetzt hört er mich nicht mal mehr. Jetzt hab ich richtig schlechte Laune! "
Die (weisse) Fahne hissen
Wir nähern uns einer Bootsanlegestelle, sehen aber kein Boot. Auf einem Schild ist zu lesen, dass man entweder die Fahne hissen oder das Walkie-Talkie-Gerät in die Hand nehmen soll, um den Fahrer zu kontaktieren. Am Mast ist zu unserem Entsetzen keine Fahne angebracht! Sarah sagt mir daraufhin, dass man mindestens 6 Leute für die Überfahrt benötigt.
Wir setzen uns in einen Unterstand, der zu einer Seite offen ist. Der Wind weht frontal & unbarmherzig hinein. Der Regen setzt hin & wieder aus und es will einfach nicht besser werden. Sarah zittert am ganzen Leib, weil ihre Sachen komplett durchnässt sind. Ich gebe ihr meine Hose, die zwar nicht wasserdicht ist, aber zumindest für eine Weile die Beine trocken hält. Nach einer notwendigen Pause mit Tee & heißer Schokolade, setzen wir unsere Reise fort. Sarah hätte am liebsten die weiße Fahne gehisst, um mit dem miesen Wetter ein für alle mal Frieden zu schließen.
Im Wanderhimmel angekommen
Es dauert quälende zwei Stunden, bis wir die erste bewirtschaftete STF-Hütte in Alesjaure erreichen. Ohne Diskussion nehmen wir uns ein freies Zimmer, decken uns im Kiosk mit Schokolade und Cabanossi ein, ziehen die nassen Sachen aus und hängen alles im Trockenraum auf. Draußen regnet es noch immer unnachgiebig und der Wind schleudert die Tropfen lautstark gegen die Hüttenwände. Wir sind froh hier drin zu sein, wo es warm und gemütlich ist, aber ich habe noch was vor ...
" Mein Herz rast vor lauter Aufregung, als ich mich zur 90°C heißen Sauna aufmache. Nach 15-Minütigen Saunaaufenthalt bewege ich mich tasmanisch & barfuss, so schnell wie möglich, zum Fluss hinunter. Es ist abschüssig, rutschig und der Fluss knietief. Mit eigenem Countdown und Willenskraft, springe ich in das Gletscherwasser. Die Kälte sticht wie Nadeln in die Waden. "
" Als Micha ordentlich in der Sauna schwitzt, entspanne ich mit einer Tasse Tee im warmen Bett. Ich habe den Tag noch einmal Revue passieren lassen und bin ehrlich gesagt froh, dass dieser geschafft ist. Für die nächste Reise habe ich mir jetzt ganz fest vorgenommen unbedingt gescheite Regenklamotten zu kaufen, weil so macht es doch leider weniger Spaß. "
Es soll laut Wettervorhersage weiterhin stürmisch bleiben, vom Regen wollen wir gar nicht erst anfangen zu reden. Die nächsten beiden Tage sollen uns bis zu 40 Liter auf den Kopf prasseln. Das sind wahrlich keine motivierenden Nachrichten. Umso mehr genießen wir jede Sekunde unter der kuscheligen Decke und die Aussicht auf die klitschnassen Zelte, die unten am Fluss stehen.
STF-Mitgliedschaft
Wer generell in Hütten übernachten möchte und/oder wegen des schlechten Wetters dazu gezwungen wird, bei dem lohnt sich eine STF-Mitgliedschaft bereits ab der zweiten Hüttenübernachtung. Diese läuft für ein Jahr und wird automatisch verlängert, wenn man sie vorher nicht aufkündigt. Man bekommt, wie in meinem Fall nach Vertragsverlängerung, Post mit einer Zahlungsaufforderung, der man aber per E-Mail widersprechen kann und den STF darüber informiert, dass man einfach nicht mehr Mitglied sein kann/möchte.
Die Zukunft liegt in deinen Händen
Es steht jedem frei sich an der Versorgung der STF Hütten zu beteiligen. Man kann z.B. helfen Holz zu hacken, denn der Holzfällerbart ist nicht nur dafür da, um anderen Holzfällern zu gefallen. Man bezahlt zwar sein Geld für die Unterkunft, ist aber dennoch für den Holznachschub für Hüttenöfen oder Saunen verantwortlich. So ist das Leben in Skandinavien. Schön & Rustikal!
Kommentar schreiben
Laura (Dienstag, 29 Januar 2019 19:52)
Hallo.
Ich habe euren Blog mit Begeisterung gelesen. An einigen Stellen habe ich mich wiedererkannt, denn
ich selber war im august auf dem kungsleden unterwegs und denke gerne daran zurück �
Ich freue mich über weitere Abenteuer von euch zu lesen.
Micha von #owth (Mittwoch, 30 Januar 2019 11:49)
Lieben Dank Laura für deinen tollen Kommentar! Wir freue uns echt sehr, dass du den Blog mit Begeisterung liest :) Liebste Grüße aus Berlin